Thomas Brussig
Schiedsrichter Fertig
Staatstheater Nürnberg 2008 • Bühne/Kostüm: Stephan F. Rinke
Andernorts hatten Adaptionen der Brussig-Bestseller "Sonnenallee" oder "Leben bis Männer" bereits die Theaterkassen klingeln lassen. Dass der Autor seinem eigenen Stück die Rote Karte zeigen würde, damit hatten die Nürnberger nicht gerechnet. In den marginalen Kürzungen, die das Theater vorgenommen hatte, sah Brussig einen Regelverstoß. Darsteller Thomas Klenk, der das Premierenpublikum mit seinem Psychogramm eines Unparteiischen 60 Minuten lang in Atem hielt, ist auf der Bühne über so viel Kleinlichkeit erhaben: Weit mehr Facetten, als es der fehlende Text vermocht hätte, kitzelt Klenk aus Brussigs gebrochenem Helden heraus. Sein Spiel als Schiedsrichterdiktator, der privaten Fehlentscheidungen mit Fifa-Regeln beizukommen sucht, ist erstligareif.
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In seinem großen Monolog geht der Schauspieler Thomas Klenk als Schiedsrichter Uwe Fertig grandios durch die Hölle eines von Fußballfanatikern gefüllten Stadions, denen es "die größte Pfeife auf dem Rasen" nie recht machen kann.
Von der Allgewalt der Trillerpfeife erfasst, steigert sich Schiedsrichter Fertig, dessen Name nicht von ungefähr an den einstigen Münchner Trainer Giovanni Trapattoni ("Ich habe fertig!") erinnert, in den Machtrausch des gottgleichen Rasen-Richters hinein: "Von achtzigtausend wütenden, rasenden Menschen ausgepfiffen, angepöbelt, beschimpft, angebrüllt, beleidigt, bedroht und vor ihnen in Sicherheit gebracht zu werden, ist das Höchste, das Größte, was ein Schiedsrichter erreichen kann."
Auf der Bühne (Bühnenbild: Stephan Rinke) sind es nur ein paar Papp-Kameraden, in Wirklichkeit 22 Spieler - und die Kulisse eines fanatisierten Mobs, den er mit einer winzigen Trillerpfeife im Zaum hält. Eine glänzend gelungene Psychostudie über den Prototyp des Schiedsrichters, die nach dem Abpfiff von den Zuschauern stürmisch gefeiert wurde.
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Foto
Darsteller
Thomas Klenk