Michal Walczak
Der Nachtbus DSE
LOFFT.Leipzig 2006 • Bühne/Kostüme: Susanne Pische, Video: Ingo Beyer • Heidelberger Theaterpreis 2007 (Jurypreis für herausragende schauspielerische Leistung)
Natalie Hünig und Thomas Birnstiel bespielen das poetische Mosaik, das nun zu seiner deutschsprachigen Erstaufführung gelangte, mit traumwandlerischer Sicherheit. Den häufig knappen Formeln, die Walczak seinen beiden Nachtgestalten in den Mund legt, ihren Gefühlssprüngen, stellen sie Blicke, Regungen und Gesten von minimalistischer Präzision zur Seite. Launisch und lasziv, charmant und abweisend durchlebt sie die Begegnung mit dem Fremden, der unnachgiebig und unaufgeregt, aber auch auf der Suche nach seiner Lebebswahrheit ist. Es ist ein Ritt, ein Flug durch den Zirkus der Gefühle, der viel zu kurze siebzig Minuten dauert und immer auf die gleiche Frage extemporiert: Wie komme ich dir nah, wie bleibst du mir fern? Fass mich nicht an, oder umarm mich gleich.
Alexander Schilling hat mit dieser Inszenierung ein kleines Meisterstück geschaffen, ein dramatisches Juwel zum Leuchten gebracht, das ganz ohne politische oder soziale Rahmenhandlung verfasst wurde. Wenig mehr als zwei Stühle, drei Monitore und ein Mikrofon braucht die Inszenierung, um ihre beeindruckende Imaginationskraft zu entwickeln. Sie setzt dabei auch auf die suggestive Kraft von Liedern als akustischen Projektionsflächen der Sinn- und Liebessuche. Dass dabei den eigenen Gefühlen, Ängsten und Wünschen im Halbplayback fremder Popstars hinterhergejagt wird, ist vielleicht eine der bittersten Pointen dieses wunderbar elegischen Theaterabends.
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Umjubelte Premiere: „Der Nachtbus". Das Lofft war ausverkauft, die 80 Zuschauer spendeten ausdauernd und minutenlang Applaus.
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Das von dem Leipziger Regisseur Alexander Schilling inszenierte Stück des polnischen Autors Michal Walczak nutzt minimale Veränderungen des Raums als Bühnenbild, es konzentriert sich auf die versteckte, brüchige Psychologie der Figuren, die mit großer Intensität gespielt werden: Popsongs geben Hinweise auf das Innenleben der Figuren, ohne plakativ zu werden und die Verwirrung aufzuklären. Peinlich berührt nebeneinander sitzend lauschen die Figuren dem Song „To Drunk To Fuck". Der Titelsong von „Mission Impossible" untermalt seine Versuche, ihr zu imponieren. Das Begehren, die Spannung ist spürbar, aber auch die Müdigkeit und die Unlust, sich vor dem anderen darzustellen. So erzählt das Stück von Begegnungen ohne Sicherheit über sich selbst oder das Gegenüber. Es erzählt von Möglichkeiten, Entscheidungen und von kurzen echten Augenblicken, die im Zwischenraum von Realität und Traum an die Oberfläche gespült werden.
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Foto
Darsteller
Natalie Hünig, Thomas Birnstiel